„ … der hat auch Religion“ Konfession – Literatur – Kulturelle Differenz im langen 19. Jahrhundert

Tagung, 18.-19.4. 2024
Organisiert von Friedemann Stengel und Daniel Weidner

Die neuere deutsche Literaturwissenschaft ist in weiten Teilen überraschend konfessionsblind. Während für die Erforschung der Literatur der Frühen Neuzeit die „Konfessionalisierung“ ein wichtiges, wenn nicht das dominante Paradigma ist und in der benachbarten Geschichtswissenschaft die These vom 19. Jahrhundert als einem „zweiten konfessionellen Zeitalter“ für lebhafte Diskussionen gesorgt hat, fristet die Konfession in der Erforschung deutschsprachigen Literatur nach der Aufklärung eher ein Schattendasein. Neben anderen Gründen könnte das, so unsere Vermutung, auch an einem Theoriedefizit der Forschung liegen, die ‚Konfession‘ allenfalls mehr oder weniger verschämt als Kriterium der Sortierung von AutorInnen verwendet bzw. in Einzelstudien deren konfessionelle ‚Prägung‘ untersucht. Ziel des Workshops ist es vor allem, ein anderes Verständnis von Konfession zu erproben und zu diskutieren: Konfession funktioniert im 19. Jahrhundert als kulturelle Differenz, die nicht nur kirchlichen Zusammenhängen, sondern auch und gerade in den Texten der Literatur verhandelt wird.

In Kooperation mit dem Interdisziplinären Zentrum für Pietismusforschung und der Abteilung für Komparatistik der MLU Halle-Wittenberg

Ort: Franckesche Stiftungen, Haus 52, Neubauer-Saal.

Programm

Donnerstag 18.4.
13:30-16:00

Friedemann Stengel, Daniel Weidner:
Einführung

Martina Wagner-Egelhaaf (Münster)
(Von) Kirchen erzählen. Zu Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Ute Gause (Bochum)
Ein Blatt auf Vroni’s Grab. Reformierte Frömmigkeit in Johanna Spyris Erzählungen

Kaffeepause

16:30-18:30

Nicolas Detering (Bern)
Fabiola und die Folgen: Katakombenroman und konfessionelle Subjektivierung

Claudia Kampmann (Bonn)
Konfessionelle Differenz in der bürgerlichen Frauenbewegung. Eine Fallstudie mit besonderer Berücksichtigung der konfessionellen Frauenverbände

Freitag 19.4.
9-11

Wiebke Windorf (Halle)
Religiöse deutsche Plastik um 1800: Sakralisierung, Säkularisierung und Differenzierungsstrategien eines vernachlässigten Genres

Thomas Pittrof (Eichstätt)
Konfessionalisierung, Entkonfessionalisierung, Rekonfessionalisierung? Musikalisierung des Religiösen außerhalb des Kirchenraums im 19. Jh.

Kaffepause

11:30-13:30

Andrea Polaschegg (Bonn)
Die konfessionelle Nullstelle. Protestantische Literatur(wissenschaft) als deutscher Normalfall

Yvonne Al-Taie (Kiel)
Der Heilige Franziskus im Bordell. Katholische Interpretamente vulnerabler Lebensvollzüge bei Emmy Hennings.

Mittagsimbiss